Der Beginn: Autounfall, selbst verschuldet. Auto zwar fahrtüchtig, aber kaputt. Habe es zur Werkstatt in der Nachbarschaft gebracht. Mal sehen, wie es ohne Auto klappt. Habe in der letzten Zeit schon mehr und mehr versucht, auf das Auto zu verzichten, Wege zu optimieren und mehr mit dem Fahrrad zu erledigen. Nun also der Ernstfall.
Tag 1:
Morgens zum Job mit dem Rad nach Grasberg, ca. 7 km, mittags zurück, alles top! Nachmittags zur Versicherung, wegen dem Unfall. Nach Tarmstedt ca. 9 km, die Abkürzung über Feldwege ist total verschlammt und kaputt gefahren, wäre danach komplett verdreckt, also lieber den Umweg an der Kreisstraße fahren. Danach noch eine kleine Tour zum Schwager, um etwas aus der Gefriertruhe zu holen und abends zum Fitness Studio nach Lilienthal. Gesamt gefahrene km ca. 60. Leppert sich ganz schön was zusammen.

Tag 2:
Morgens mit dem Rad nach Lilienthal zur Straßenbahn. Da es ziemlich kalt war im Zwiebellook dick eingepackt. Mittags zurück, Gesamte km ca. 21. Die Große hatte Jugendgruppe, aber diesmal war ich bei der Fahrgemeinschaft nicht dran. Diese Fahrgemeinschaft funktioniert sehr gut und nützt gleichzeitig 3 oder mehr Familien.
Tag 3:
Einkauf für das Wochenende! Leider bei einem 5 Personenhaushalt ohne Anhänger oder Lastenrad nicht möglich, habe mich fahren lassen. Blödes Gefühl, so abhängig zu sein!
Tag 4:
War mit dem Rad zum Fitness Studio (das erste Mal durchgeregnet), dann von dort aus zum Familienkaffee – Geburtstag meines Neffen (zweites Mal durchgeregnet). Zurück nach Hause habe ich mich mitnehmen lassen (3 Autos zur Wahl). Gefahrene km: ca. 21.
Tag 5:
Heute 10 km gelaufen, um das Rad abzuholen (auf dem Rückweg wieder durchgeregnet). Der Typ von der Werkstatt meint, dass er mein Auto noch die ganze Woche dort behält. Habe die Nachhilfe vom Töchterlein abgesagt, da der Bürgerbus zwar hinfährt, aber nicht zurück (bzw. nach 1 1/2 Stunden Wartezeit).
Tag 6:
Morgens extra früher aufgestanden, da ich ja die Fahrt mit dem Rad zum Falkenberger Kreuz einplanen musste. Zwischendurch kam etwas Hektik auf, als der Bus an mir vorbeifuhr, aber es war zum Glück derjenige, der eine Taktung früher abfährt. Mittags wieder Hetze, da die Kids ja schon zuhause warteten. Dazu noch Regen- (mal wieder) und Graupelschauer. Die Kids nachmittags mit dem Rad zu ihrem Kumpel begleitet, dann beeilt, da ich ebenfalls verabredet war und die Straßenbahn erwischen musste. Da ich ohne Schauer zwischendurch anscheinend nicht radeln kann, war mein Styling anschließend für die Katz. Die abendliche Rückfahrt war langsam, entspannt und gedankenverloren. Vollmond am klaren Himmel. Gesamt ca. 42 km.
Tag 7:
Einkaufstour ohne Auto, mit zwei Satteltaschen und meinem kleinen Radrucksack. Vorher also gut überlegen, was benötigt wird. Eignet sich prima, um Spontan- und Hamsterkäufe zu vermeiden. Bei der Rücktour vom Supermarkt kam ein anhängerähnliches Fahrgefühl auf. Wenn man so etwas öfter vorhat, sollte man etwas mehr investieren als in die Satteltaschen vom Discounter! Den Termin beim Kieferorthopäden habe ich angesagt, hin mit Bus und Bahn klappt, aber der Rückweg macht Probleme. Also doch lieber verschieben. Anruf der Werkstatt: Mit GANZ VIEL Glück wird das Auto am Wochenende fertig (heute ist Mittwoch!). Abends zum Konzert nach Bremen: Musical Theater, 1. Reihe, alle Leute gut gestylt. Und ich: der Fahrradschlumpf; Jeans, dicker Pulli und zerzauste Haare. Was soll’s, da muss man drüber stehen. Nach 24 Uhr ist in unserer Gegend alles tot bzw. schläft. Einsame, aber entspannte Rückfahrt und ein fantastischer Mond. Gesamt km: ca. 33
Tag 8:
Morgens mit dem Rad zur Arbeit, eine meiner leichtesten Übungen. Alles ist okay, solange es nicht regnet! Abends zum Sportstudio, etwas auspowern beim Spinning. Werde aufgrund meines Outfits gleich als Radlerin identifiziert und ernte Erstaunen und Bewunderung (mal wieder ekliges Wetter). Gesamte km: ca. 36
Tag 9:
Einkaufstour, uups passt nicht alles in den Rucksack. Hab mich leicht verschätzt. Zum Glück gibt es beim Supermarkt Kartons. Ca. 11 gefahrene km, Gewicht des Rucksacks – unbekannt. Töchterlein hat sich zum Übernachten verabredet – nur knapp 2 km entfernt und den Schlafsack bekommt sie locker auf dem Rad mit. Kein Mama-Taxi, das Kind ist eigenständig mobil! Am Nachmittag ist Abgabetermin für einen Basar. Die drei großen Kisten kann ich beim besten Willen nicht mit dem Rad befördern. Also habe ich mich fahren lassen; und damit sich die Fahrt rentiert, noch gleich einen Stopp beim Lidl eingelegt. Jetzt haben wir genügend Vorräte (hoffe ich)! Am Abend kam der erlösende Anruf: Das Auto ist fertig!
Fazit:
9 Tage fast ganz ohne Auto mit ca. 233 km.Und: ja es geht! Aber es sind diverse Schwierigkeiten zu überwinden. Für die Wege muss mehr Zeit eingeplant werden. ÖPNV ist nicht immer eine Alternative, oft kommt man zwar irgendwohin, aber nicht adäquat zurück.
Bei nassem und kaltem Wetter ist das Radfahren nicht schön. Ich habe mich schon entsprechend gekleidet und bisher den Erkältungen getrotzt. Aber der Spaßfaktor ist doch arg begrenzt.
Das Thema Einkaufen ist auch so eine Sache. Hier würde sich natürlich Carsharing anbieten. Allerdings müsste sich dabei eine Station in nicht allzuweiter Entfernung befinden. Privates Mitfahren in der Nachbarschaft wäre eine Alternative. Hier muss man sich allerdings mit den Nachbarn abstimmen, d.h. miteinander reden!
Mama-Taxi bin ich eher seltener als andere in meinem Umfeld. Hier ist mir schon meine Zeit zu kostbar. Ich halte meine Kinder zu Verabredungen und Hobbys an, die sie selbständig zu Fuss oder mit dem Rad erreichen können. Es ist auch ein wichtiger Schritt, Wege allein meistern zu können, ein Schritt in Richtung Selbständigkeit.
Ich werde zukünftig mehr Wege mit dem Rad zurücklegen. Grade für kurze Fahrten nach Grasberg bietet es sich an. Um der Frühling muss ja irgendwann kommen, dann macht es noch mehr Spaß.
Um mehr Leute zum Umdenken und Umsteigen zu bewegen, muss noch einiges geschehen. In Zeiten der öffentlichen Finanzknappheit ist es schwierig, ein neues bzw. anderes System zu etablieren. Der Individualverkehr belastet ja jeden einzelnen Haushalt und nicht den der Gemeinde bzw. des Landkreises etc. Ohne eine funktionierende Mobilität blutet das Land noch weiter aus, es gibt weniger Zuzug von Familien, ergo weniger Steuereinnahmen usw. Scheint irgendwie ein Kreislauf ohne Ende zu sein. Und es gibt ja viele Gegenden, die noch weniger besiedelt sind, als wir hier.
Kommentare, Verlinkungen und Teilen erwünscht!