Mobilität im Wandel – Kein Carsharing mehr in der Samtgemeinde Tarmstedt

2015 wurde in der Samtgemeinde Tarmstedt ein Mobilitätskonzept Wirklichkeit, welches es sonst nur in größeren Städten gab: Carsharing. Das Besondere an dem Projekt war, dass es sich durchweg um Elektroautos handelte. Eine Mobilitätsstudie wurde durchgeführt und Mitfahrbänke aufgestellt. Vor zwei Jahren kam es zu einer Kooperation, die das Angebot professionalisierte. Die Buchungen konnten jetzt online erfolgen. Dafür war allerdings eine Registrierung beim Anbieter nötig. Dieses etwas umständliche Prozedere schien potenzielle Nutzer eher abzuschrecken. Auf dem Frühlingsfest in Wilstedt gab es einen Stand, wo Unterstützung geboten wurde. Neun Personen hatten sich dabei registrieren lassen. Doch auch die registrierten Nutzer nahmen das Angebot nicht ausreichend an.

Die Folge ist, dass es jetzt nach dem Ende der zweijährige Testphase keine Weiterführung geben wird. Ab September ist es vorbei mit dem Carsharing. Nach fünf Jahren, die nur Verlust erwirtschaftet haben, will keiner der Carsharer weitermachen. Es rechnet sich einfach nicht. Regelmäßige Mieter hat kaum einer der Anbieter.

Traugott Riedesel wird einen Wagen für seine Praxis nutzen. Falls dieser dort nicht im Einsatz ist, kann er es sich vorstellen, ihn unentgeltlich für Ehrenamtsfahrten auszuleihen. Die Praxis hat allerdings Vorrang. Riedesel würde es begrüßen, wenn nach einer Nutzung eine Spende an die Gemeinde erfolgt. Im Autohaus Warncke kann man weiterhin Autos ausleihen. Die Verfügbarkeit ist telefonisch zu klären.

Alex Hinz von Greenwheels sagt: „Leider konnten wir in unserem gemeinsamen Rahmen die Welt (in der Samtgemeinde) in den letzten zwei Jahren nicht grundlegend ändern. Aber doch bin ich überzeugt, dass nicht nur die vielen weisen Worte, sondern auch die konkreten Taten Spuren und gute Erinnerungen hinterlassen werden, die die positive Entwicklung in der Zukunft erleichtern wird.“ Carsharing brauche einen langen Atem.

Die Carsharer schieben keinen Frust. Im Gegenteil: es habe Spaß gemacht, sich mit dem Thema Mobilität auseinanderzusetzen. Perspektivisches Denken entspricht nicht immer der Wirklichkeit, das haben sie dabei gelernt. Privat sind alle überzeugt von der Elektromobilität und bleiben dabei. Lastenräder könnten ein neues Thema für die Gruppe werden.

Es gibt noch viel Potential für Verbesserungen in der Samtgemeinde. Die Sicherheit für Radfahrer im öffentlichen Raum beispielsweise. In Wilstedt arbeitet man daran, Hinweisschilder für Autofahrer aufzustellen. Damit soll auf das Abstandsgebot von 1,5 m zu Radfahrenden aufmerksam gemacht werden.

Die Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer gestaltet sich als ein schwieriger Lernprozess. Autofahrer haben nicht mehr Rechte als z. B. Radfahrer. Es zählt nicht das Recht des Stärkeren! Auf dem Lande zu leben und kein Auto zu haben, würde bei den Menschen das Gefühl amputiert zu sein, auslösen, meint Riedesel. Damit sich das ändert, ist noch viel zu tun. Der Wunsch nach Veränderung muss von unten kommen.

Mit dieser Beschriftung waren die Carsharing-Wagen in der Samtgemeinde unterwegs.

Faire Transporte – mit Lastenrad & Kaffee unterwegs

Foto: marcus schm!dt, hamburg

Nachhaltige Mobilität meint nicht nur den Individualverkehr, obwohl der einem meist zuerst dabei einfällt, wenn man über die Thematik nachdenkt. Aber auch fast alle Güter, die zum täglichen Leben dazugehören, werden von A nach B transportiert. Völlig egal, ob es sich dabei um Zahncreme, Tiefkühlpizzen, Garnelen oder Blumen handelt.

Logistische Irrwege

Ist es sinnvoll, Krabben in der Nordsee zu fangen, um sie dann zum Auspulen nach Afrika zu transportieren und anschließend wieder zu uns nach Norddeutschland zurück?! Dieses ist ein Worst-Case-Beispiel der schlimmeren Art. Auch werden Tiere nicht etwa zum nächstgelegenen Schlachthof befördert (furchtbar genug!) – nein, oft werden sie unter entsetzlichen Bedingungen durch halb Europa gekarrt. Es handelt sich immerhin um lebendige Wesen! Sie leiden unter Hitze, Durst, qualvoller Enge und haben Todesangst. Einer Erdbeere hingegen macht es weniger aus, wenn sie zunächst gekühlt Ländergrenzen überschreitet und dann als verarbeitete Fruchtmischung zurückkommt, bevor sie in unserem Joghurt verarbeitet wird. Aber muss das denn sein?! Ich finde Waren, die nicht so lange auf der Straße unterwegs sind, bekömmlicher. Sie bleiben länger frisch und schmecken besser! Lieber saisonal und regional kaufen, ist meine Devise.

Nachhaltige Logistik

Jeder kann darauf achten, woher seine Lebensmittel und Verbrauchsgüter kommen und unter welchen Bedingungen sie produziert wurden. Gerade regionale Transporte lassen sich leichter nachhaltig gestalten: Lebensmittel- und andere Märkte können ihre Waren mit Lastenrädern ausliefern. Der Bäckerfahrrad erlebt in der urbanen Gesellschaft seine Renaissance. Posträder gibt es schon lange! Fahrradkuriere kommen in der Stadt schnell ans Ziel. Sie befördern nicht nur Briefe und Akten in Rucksackgröße, sondern sind auch für größere Packstücke ideal. Auch die Paketdienstleister satteln langsam um. Die Post gilt mit dem Streetscooter als Vorreiter in der Elektromobilität. UPS und andere testen erfolgreich die Auslieferung der letzten Meile mit Lastenrädern und -anhängern. Für richtig schwere Lasten dürfen die gerne elektrifiziert sein.

Koffie, please!

Die Lieferkette nachhaltig zu gestalten, ist auch das Anliegen von Slokoffie. Sie vertreiben fairen Kaffee aus Honduras, der mit einem Segelschiff den Atlantik überquert hat. Verarbeitet wird der Rohkaffee in der Kaffeerösterei „de koffiman“, gleich bei mir um die Ecke, in Lilienthal.

Die Lastenradtour

Die Macher von Slokoffie haben einen Lastenradausflug zu den Ölivenöl-Abholtagen nach Wilstedt organisiert, um im passenden Umfeld ihren Kaffee und die Idee dahinter zu präsentieren. Der Einladung bin ich gerne gefolgt, bestes Wetter gab es noch gratis dazu. Viele spannende Menschen aus der Radszene, die meisten davon mit Lastenrädern ausgestattet, machten sich auf den Weg. Beim Zwischenstopp an der Rösterei wurde der Kaffee verkostet. Sehr lecker, mild und bekömmlich. Es war eine schöne Ausfahrt mit netten Gesprächen. Eine tolle Idee, um zu nachhaltigen Transporten anzuregen.

Einen kostenlosen Nachhause-Lieferservice gab es auch!

Foto: marcus schm!dt, hamburg

Historie trifft Moderne: Dirk Wassermann (links) mit seinem historischen Lastenrad und Uwe Wöhlbrandt (rechts) vom Fahrrad-Express mit einem Bullitt.

Foto: marcus schm!dt, hamburg

Foto: marcus schm!dt, hamburg

Foto: Christiane Seeger